CRISPR/Cas und DNA-Sequenzierung an Schulen

CRISPR/Cas und DNA-Sequenzierung an Schulen

Biotechnologie

Was ist eigentlich von gutem Schulunterricht zu erwarten? Sicherlich keine gentechnologischen Experimente und die Anschaffung experimenteller Geräte für zweitausend Euro. Oder?

Abb. 1: Im Sommer 2022 gelang die erste erfolgreiche Versuchsdurchführung im Testlauf in Villingen-Schwenningen. Foto RW
Abb. 1: Im Sommer 2022 gelang die erste erfolgreiche Versuchsdurchführung im Testlauf in Villingen-Schwenningen. Foto RW

Nun, als Biotechnologen wenden wir unseren Blick natürlich auf den Biologieunterricht. Das Berufsfeld wandelt sich in ungeahnter Geschwindigkeit. Neueste Trends sind aus gutem Grund nicht Inhalt der Curricula. Bis zur Oberstufe werden Grundlagen in den wichtigsten Teilgebieten der Biologie gelegt. Wer mehr will, kann in die Ausbildung oder studieren. Eines sollten Fachlehrer aber können: Lust auf mehr schüren. Dazu aber muss sich die Biolehrerin mit den Trends beschäftigen und diese geschickt in den Unterricht einfließen lassen. Manche Lehrer brennen so sehr, dass sie für Ihre Schülerinnen und Schüler in bspw. Projekttagen mehr bieten wollen. Professor Wünschiers hat gemeinsam mit seinem damaligen Doktoranden Robert Leidenfrost, Lehrern aus Baden-Württemberg und der Unterstützung des Fonds der Chemischen Industrie einen Versuch entwickelt, der modernste Biotechnologie in die Schulklasse holt und Lust auf mehr machen soll (Abb. 1).

Der Kontakt kam bereits vor vielen Jahren zustande, als ein bundesweites Netzwerk von Biotechnologielehrer:innen einen Tag bei den Biotechnologen in Mittweida verbrachte. „Die größte Herausforderung war zunächst die Vermeidung teurer Grundausstattung“ beschreibt Professor Wünschiers die Entwicklung des Versuchs. Bei diesem soll DNA mit der Genschere CRISPR/Cas gezielt geschnitten und die Schnittstelle per DNA-Sequenzierung nachgewiesen werden (Abb. 2).

„Das ist keine Rocket Science und wir schießen mit Wasserbomben auf Fliegen, aber es ist trotzdem ein lehrreiches Experiment, das an einem Tag abgeschlossen und leicht angepasst werden kann.“ Geschnitten wird isolierte DNA. Damit ist das Experiment rechtlich keine Gentechnik und somit an allen Schulen durchführbar. Zur DNA-Sequenzierung als Nachweisverfahren für die Schnittstelle kommt ein handgroßer Sequenzierapparat zum Einsatz, der rund tausend Euro kostet (Abb. 3).

„Jeder Lehrer kann beim Fond der Chemischen Industrie 2.500 Euro für Unterrichtsförderung beantragen“ sagt Professor Wünschiers und weiter: „Die kennen unseren Versuch und fördern ihn und das Geld reicht für die Anschaffung des Sequenzierapparats und Verbrauchsmaterialien.“ Der erste Einsatz des Versuchs fand bei Lehrerweiterbildung in Bruchsal, Esslingen, Ulm und Villingen-Schwenningen statt (Abb. 4).

„Hier zeigte sich eine zweite Hürde: die bioinformatische Auswertung der Daten“ beschreibt Professor Wünschiers seine Erfahrungen. Er hat daraufhin eine Webseite (https://dnalesen.hs-mittweida.de) entwickelt, die nach dem Hochladen der Rohdaten die gesamte Analyse und Visualisierung übernimmt (Abb. 5).

„Jetzt ist der Versuch chefarztsicher, wie der Leiter der baden-württembergischen WUN-Gruppe Dr. Jürgen Braun gerne sagt.“ Der gesamte Versuchsablauf samt didaktischer Einordnung wurde im Mai 2024 Journal of Microbiology and Biology Education publiziert und ist dank Unterstützung der Hochschule frei zugänglich: doi.org/10.1128/jmbe.00187-23. Die Kooperation mit den Lehrern besteht fort. So wurde in diesem Jahr ein Experiment entwickelt, um Bakterien in Gemischen individuell durch DNA-Sequenzierung zu identifizieren. Zudem wurde das Experiment auch im europäischen Ausland, u.a. in Athen, Istanbul und Vilnius bereits erfolgreich eingesetzt.

Text und Abb.: Röbbe Wünschiers.