Milben zählen und Bienen retten

Milben zählen und Bienen retten

Biotechnologie, Forschung, Forschung Varroa

Am Wochenende des 11. bis 12. September fand im Tagungsraum des Instituts für Holztechnologie Dresden die zweite Auszählaktion für 2021 des Varroaresistente Biene Sachsen-Teams statt.

Birgit Pannicke und Lisa Prudnikow, die sich in der Forschungsgruppe von Professor Röbbe Wünschiers mit der genetischen Pollenanalyse beschäftigen, beteiligten sich an der Auszählung. Mitkoordinator des Projekts, Dietmar Uhlemann stellt seine Bienenvölker für ein vom SMWK gefördertes Forschungsprojekt von Lisa Prudnikow zur Verfügung. Eine weitere Zusammenarbeit mit der Mittweidaer Forschungsgruppe wird die Genetik der Varroamilbenresistenz betreffen. Ein erster Einstieg in die Thematik ist die Praxis des Auszählens ausgewählter Bienenwaben. Bis eine Wabe fertig ausgezählt ist, vergeht jedoch viel Zeit, außerdem ist die Methode sehr fehleranfällig. Die Varroa-Männchen sind leicht zu übersehen und mit jungen Töchtern schnell zu verwechseln. Mit einem genetischen Schnelltest könnte nach spezifischen Targets im Genom gesucht werden. Diese Information wäre für zukünftige Zuchtlinien sehr wertvoll und schneller zugänglich.
Die aus Asien stammende Varroamilbe, lat. Varroa destructor, stellt eine große Gefahr für Honigbienenvölker dar. Der Parasit nistet sich in die verdeckelten Brutzellen der Honigbienen ein und saugt sich an den Larven fest. Dabei entzieht sie ihnen die lebenswichtige Hämolymphe, was die Bienennachkommen extrem schwächt. Gleichzeitig überträgt die Varroamilbe auch Viren, wie Beispielsweise das Flügeldeformationsvirus. Befallene Bienen entwickeln verkümmerte Flügel. Die Milbe vermehrt sich mit dem Entwicklungszyklus eines Bienenstocks und kann zum Kollaps des gesamten Volks führen. Laut dem deutschlandweiten Forschungsprojekt Deutsches Bienenmonitoring (DeBiMo) liegen die durchschnittlichen Völkerverluste durch Varroaparasitierung bei jährlich fünfzehn Prozent.
Bienenstöcke mit Hitze, Ameisensäure oder Puderzucker zu behandeln gehört zu den gängigen Methoden, die Imker anwenden, um ihre Völker von der Varroamilbe zu befreien. Leider sind diese Methoden nicht zu hundert Prozent effektiv und schaden teilweise den Bienen selbst. Auch der Einsatz von Medikamenten ist weniger vorteilhaft, da Rückstände im Honig bleiben können. Es gibt jedoch eine Chance, Honigbienen so zu züchten, dass sie selbst mit der Milbe klarkommen, indem sie sie aus den Brutzellen putzen. Diese Eigenschaft liegt dem rezessiv vererbten VSH-Gen (varroasensitive Hygiene) zugrunde. Honigbienen mit diesen Erbanalagen können wahrnehmen, ob Milben in den verdeckelten Brutzellen vorliegen. Dann öffnen sie die Deckel der befallenen Zellen und räumen sie aus. Die Befallsrate wird dadurch verringert und die Milben erzeugen keine oder verspätete Nachkommen. Besitzt eine bestimmte Anzahl Bienen eines Volks diese Eigenschaft, kann der Milbenbefall nachhaltig unter der Schadschwelle bleiben. Das Bienenvolk kommt also allein mit den Milben zurecht. Mit dem Projekt Varroaresistente Biene Sachsen wird die VSH-Zucht vorangebracht. Honigbienen werden nach natürlicher Varroaresistenz selektiert. Der Landesverband sächsischer Buckfastimker e.V. testet die Bienenvölker auf ihre „Ausräumaktivität“ und dokumentiert ihre Abstammung. Um die Effektivität zu bewerten, finden regelmäßig Auszählungsaktionen statt. Dabei werden die vermehrungsfähigen Varroamilben in den Brutzellen der Bienenpuppen gezählt. Unter dem Mikroskop werden die Brutzellen mit einer Pinzette geöffnet, die Bienenpuppe herausgezogen und die Milben (Mutter, Männchen und Tochter) gezählt. Anhand dieser Ergebnisse kann bewertet werden, zu wie viel Prozent VSH in einem Bienenvolk vorliegt und wie die Zucht fortgesetzt wird. Durch künstliche Befruchtung von Königinnen mit den durch die Zucht ausgewählten Drohnen sind bereits Völker mit über dreiviertel VSH etabliert wurden.

Weitere Informationen zum Zuchtprogramm sowie aktuelle Termine finden Sie hier: https://www.varroaresistenzzucht.de/index.php/en/

Text und Foto: Lisa Prudnikow