Sachbuch zur gentechnologischen Revolution

Sachbuch zur gentechnologischen Revolution

Biotechnologie

Prof. Röbbe Wünschiers lädt ein zum Dialog

307 Seiten, neun Kapitel, 68 Abbildungen und 387 qcm – Einladung zum Dialog - Für 18,00 € ist das neue Buch von Prof. Röbbe Wünschiers inklusive eBook beim Buchhändler Ihrer Wahl erhältlich. © SpringerNature

Haben Sie schon Ihr Erbgut analysieren lassen? Das ist im Trend und schon bald wird es einen Experimentierkasten für Kinder und Jugendliche dafür geben. Warum? Weil die Analyse des Erbguts (also der DNA) immer einfacher und billiger wird. Das vorrangige Ziel ist die Aufklärung der Wirkung unserer Gene auf Krankheiten. Aber natürlich sind auch ganz andere Zusammenhänge von großem Interesse: Haben Sie eine Veranlagung zu einer Erkrankung? Wie hoch ist Ihre Lebenserwartung? Steckt noch ein bisschen Neandertaler- oder Denisovaner-DNA in Ihnen? Stimmt die Chemie mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin? Das klingt absurd? Nein, solche Ergebnisse spucken Algorithmen der künstlichen Intelligenz aus, die mit riesigen Datenmengen von zigtausend Menschen gefüttert werden. Aus der Pflanzenzucht sind solche Analysen nicht mehr wegzudenken, in der Tierzucht etablieren sie sich zunehmend und beim Menschen – dienen die Ergebnisse noch nicht der Zucht. Oder doch? Die Diagnostik bei Ungeborenen rückt zeitlich immer weiter vor die Geburt. Dies liegt an der Zunahme der assistierten Befruchtungen in Reproduktionskliniken. Während die Fruchtwasseruntersuchung noch ein Risiko für Mutter und Kind darstellt, ist die Präimplantationsdiagnostik im Reagenzglas risikofrei – führt aber zu einer Selektion: ungünstige Kombinationen vor Erbanlagen können "verworfen" werden. Bei zu erwartenden schweren Erkrankungen erscheint dies sinnvoll. Aber wer legt fest, was eine schwere Erkrankung ist? Und was ist, wenn der Fehler im Erbgut korrigiert werden kann? Mit der molekularen Genschere CRISPR/Cas steht seit einigen Jahren ein solches Werkzeug zur Verfügung. Das sorgt für Diskussionen.

Professor Röbbe Wünschiers erklärt in seinem anschaulich und verständlich geschriebenen Sachbuch den Stand der Gentechnologie. Er wendet sich an Leserinnen und Leser ohne Vorwissen und lädt zu einem offenen Dialog über dieses ambivalente Thema ein. Machen Sie sich ein eigenes Bild von den faszinierenden und doch auch einschüchternden Möglichkeiten der Gentechnik, die sich rasant entwickelt.

Im September 2018 wurde am Universitätsklinikum in Regensburg die erste Patientin in Deutschland mit der Genschere CRISPR/Cas gentherapiert. Der Eingriff scheint bei ihr erfolgreich eine Sichelzellerkrankung geheilt zu haben. Diese Erkrankung basiert auf einem genetischen Defekt, der den roten Farbstoff Hämoglobin im Blut betrifft. In der Folge kann nicht ausreichend Sauerstoff über die roten Blutkörperchen transportiert werden, wodurch es zu Sauerstoffmangel in einigen Geweben kommt. Dieser Gentherapie an Körperzellen steht die Keimbahntherapie an Embryonen gegenüber. Die geborenen Kinder geben die genetischen Veränderungen an nachfolgende Generationen weiter. Das ist ein Eingriff in den Fortlauf der Evolution.

Im November 2018 wurde die Geburt der chinesischen Zwillinge Nana und Lulu bekanntgegeben, deren Erbgut ebenfalls mit der Genschere verändert wurde – aber schon im Embryonenstadium (siehe Abbildung). Das Ziel des Eingriffs war, sie gegen AIDS immun zu machen. Damit sind zum ersten Mal gentechnisch veränderte Menschen geboren worden. Eine bis dahin rote Linie ist überschritten. Nana und Lulu sind die ersten "Produkte" und Vertreterinnen einer neuen Generation, der Generation Genschere.

Wissen wir schon genug über die Wechselwirkungen zwischen Erbgut, Umwelt und Merkmalen, um solche Eingriffe zur Routine werden zu lassen? Das Erbgut kann zu Lebzeiten durch Umwelt, Ernährung oder Erlebtes geprägt und so verändert an die Nachkommen weitergegeben werden. Das nennen wir Epigenetik. Hat also die Gesellschaft eine neue Form der Langzeitverantwortung für die (epi)genetische Integrität? Und: Führt diese neue Gentechnik verbunden mit der modernen Reproduktionsbiologie zu Designer-Babies? Schließlich gedeiht der Einsatz der Genschere auf dem Boden zunehmenden Wissens um die Wirkungsweise unseres Erbguts. Genvarianten werden längst nicht mehr nur mit Krankheiten, sondern auch mit Ernährungsvorlieben oder Intelligenz in Verbindung gesetzt werden. Therapie- und Optimierungsmöglichkeiten liegen nahe beieinander.

Mit der Genschere haben wir ein wirkmächtiges Werkzeug in der Hand. Und ein so einfaches, das bereits Hobbywissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sie anwenden.  In den USA wurden bereits die ersten Gentherapien von Do-It-Yourself Biologinnen und Biologen im Selbstversuch durchgeführt und vom Nationalen Gesundheitsinstitut NIH eine öffentliche Warnung davor ausgesprochen. Wie sind die Chancen gegenüber den Risiken abzuwägen? Dürfen wir eine Liberalisierung dieser Techniken als Bürgerwissenschaft (Citizen Science) zulassen?

Wie stehen Sie dazu?
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