Erste Veröffentlichung zum Studiengang Medientechnik

erschienen in: HTW-Blatt 5/1994
  
Prof.Dr.-Ing.habil. Holger PfahlbuschMittweida, den 03.06.1994
  
Hochschule für Technik und Wirtschaft Mittweida (FH)
Fachbereich Elektrotechnik/Elektronik

Medientechnik

Die Weiterentwicklung unserer Hochschule war von jeher von der Neueinführung moderner, zukunftsträchtiger Ausbildungsrichtungen geprägt. Die weitsichtige Einführung der Elektrotechnik-Ausbildung vor mehr als 100 Jahren am damaligen Technikum kann als eine der wichtigsten Entscheidungen angesehen werden, die den Ruhm unserer Hochschule begründen. War es zunächst die elektrische Energietechnik, so vollzog sich in den Folgejahren ein stetiger Wandel in Richtung elektrische Informationsübertragung und -verarbeitung. Spezialgebiete, wie Röntgentechnik, Steuerungs- und Regelungstechnik sowie Rechentechnik, machen diesen Trend deutlich.

Heute stehen wir an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter. Aus technischer Sicht wird dieses Zeitalter von einem massenhaften Angebot an Informationen gekennzeichnet sein. Die Übertragung und Verteilung dieser Informationen werden zu einem Großteil von klassischen nachrichtentechnischen Disziplinen vertreten und auf dem Forschungssektor weiterentwickelt. Die Vorbereitung der Nachrichten, bis sie in ein übertragungsfähiges Format gelangen, macht modernerweise die Handhabung elektronischer, vornehmlich computergestützter Methoden unumgänglich. Hilfsmittel, wie Schreibmaschine, Bleistift und damit im Zusammenhang Papier, gehören weitestgehend der Vergangenheit an. Computer, Tastatur, Zeichenbrett, Laserdrucker, Bildschirm, Diktiergerät, Videokamera usw., sind heute diejenigen Hilfsmittel, die zur Befriedigung von Kommunikationsbedürfnissen verstärkt genutzt werden.

Das Berufsbild der Publizisten ist einem ständigen Wandel unterlegen. Neben einer breiten geisteswissenschaftlichen Ausbildung, gepaart mit Sprachkenntnissen möglichst lebendiger Sprachen, wird immer mehr die Beherrschung der o.g. Techniken und Produktionstechnologien notwendig. Die Zeiten, in denen z.B. ein Rundfunkbeitrag von einem Journalisten, einem Tontechniker, mehreren Hilfskräften, Cuttern usw. vorbereitet wurden, gehören mittelfristig der Vergangenheit an. Eine ähnliche Entwicklung ist bei Presse und Fernsehen speziell auf dem privaten Sektor festzustellen. Der Publizist des 21. Jahrhunderts wird als self made man, der von der Recherche über die Informationsaufbereitung, die künstlerische Gestaltung bis hin zur Produktion, gestützt auf eine ausgefeilte Computertechnik, seinen Beitrag bis zur Sendereife oder zum Layout eigenständig bearbeiten.

Bei der Vorbereitung von Publizisten auf ihre Berufstätigkeit sind zwei Extreme denkbar. Als ersten Weg kann man die klassische journalistische Ausbildung an den Universitäten zum Vorbild nehmen. Dort liegt der Schwerpunkt auf der künstlerischen und gestalterischen Ausbildung. Die Produktionstechniken und -technologien treten demgegenüber in den Hintergrund und werden in aller Regel in Aufbaukursen den Redakteuren nach längerer Berufserfahrung angeboten. Diese Tatsache spiegelt sich in der unübersehbaren Flut an Weiterbildungsträgern wider, die Journalisten im nachhinein den Zugang zur Technik vermitteln. Dieser Weg wird derzeitig favorisiert beschritten. Der zweite Weg legt den Schwerpunkt auf die technische Ausbildung des Publizisten und bietet die journalistischen Komponenten im Zusammenhang mit den Produktionstechniken und -technologien an. Dieser Weg findet an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Mittweida (FH) einen großen Teil von Voraussetzungen bereits erfüllt. Ein Stab hochqualifizierter und hochmotivierter Professoren auf den Gebieten der Elektrotechnik, Elektronik und Informatik stehen bereit, um die technischen Komponenten einer Publizistik-Ausbildung bestreiten zu können. Die hauptsächlich künstlerisch orientierten Fächer werden auf der Basis von Neuberufungen und Lehrbeauftragte sowie aus dem Angebot der FB Betriebswirtschaft und Sozialwesen bestritten.

Die Medientechnik-Ausbildung wird nach dem derzeitigen Planungsstand in ein schwerpunktmäßig elektrotechnisches Grundstudium und in die vier möglichen Hauptstudienrichtungen Rundfunk, Fernsehen, Fototechnik und Printtechnik aufgeteilt. Bereits im Grundstudium werden medientypische Fächer, wie Medienwirtschaft und Design, vor allem aber Fremdsprachen, in Abgrenzung zur klassischen Elektrotechnik-Ausbildung einbezogen. Dadurch reduziert sich beispielsweise die Stundenzahl in den Grundlagen der Elektrotechnik und der Mathematik. Die Ausbildung im Hauptstudium wird ergänzt durch ausführliche Praktika in den o.g. vier Studienrichtungen.

Der Stand der Vorbereitung des Studienganges Medientechnik

In der Entscheidungsvorlage für die Senatssitzung vom 10.02. d.J., die vom FB Elektrotechnik/Elektronik eingebracht wurde, bestanden die Vorstellungen, die publizistische Ausbildung mit etwa zwei Dritteln des Curriculums zu betreiben. Das verbleibende Drittel sollte den technischen Disziplinen zur Verfügung gestellt werden. Diese Vorlage, unterstützt von einer Reihe profilierter Vertreter aus öffentlich rechtlichen und privaten elektronischen Medien, fand im Senat keine Zustimmung.

In Auswertung der vielfältigen Hinweise der Kritiker der Vorlage wurde am 16.03. d.J. eine Vorlage in den Senat eingebracht, die mehrheitliche Zustimmung fand. Diese Vorlage ist von einem starken Übergewicht der technischen Disziplinen getragen. Danach wurden die erforderlichen Unterlagen dem SMWK angezeigt sowie zwei Ausschreibungen von Professorenberufungen veröffentlicht. Dabei handelt es sich um Stellen für

  1. Publizistik/Kommunikationswissenschaft mit den Lehrgebieten
    • Kommunikation/Massenkommunikation
    • Pressewirtschaft
    • Kommunikationstheorie
    • Kommunikationspolitik
    • Produktionstechnik
    • Text- und Bildgestaltung
  2. Medienlehre/Medienpraxis mit den Lehrgebieten
    • Elektronische Medien
    • Produktionstechnik
    • Rundfunk
    • Fernsehen

Die Vorbereitung der Praktika präsentiert sich in folgendem Stadium:
Das Tonstudio wurde bereits 1993 aus Sondermitteln beschafft und bietet derzeitig schon die Möglichkeit der Produktion von sendefähigen Funkbeiträgen. Ein erstes Beispiel hierfür ist der Werbespot zur Medientechnik, der landesweit von den Sendern Lausitz, Dresden, Chemnitz und Leipzig ausgestrahlt wird.

Das Fernsehstudio befindet sich derzeitig in der Projektierungsphase. Entsprechende Großgeräteanträge sind in Vorbereitung und werden noch in diesem Semester der Gerätekommission und der Raumkommission des Senates vorgelegt. Es besteht die Hoffnung, daß ein nicht unerheblicher Teil dieses Studios durch Sponsoren finanziert wird.

Für das Fotostudio sind die Einrichtungen für Fotolithographie der Lehrgruppe Mikrosystemtechnik nach entsprechender Ergänzung durch Spezialtechnik zu nutzen.

Das Printlabor existiert und arbeitet derzeitig bereits. Die vorhandene Technik erlaubt an mehreren Arbeitsplätzen die Bearbeitung von Bild und Text bis hin zur Layout-Gestaltung für Presseerzeugnisse. Die Möglichkeiten des Printlabors können an der Layout-Gestaltung der Campus Times gemessen werden.

Die Professoren und Mitarbeiter des FB Elektrotechnik/Elektronik möchten mit dem Studiengang Medientechnik einen Beitrag leisten, daß technisch interessierte und künstlerisch begabte Jugendliche einen Beruf finden, der ihnen die Möglichkeit bietet, in allen publizistischen Bereichen durch ein hohes Maß an technischen Fähigkeiten sowie betriebswirtschaftlichen Kenntnissen wirksam werden zu können.

Die Hochschule für Technik und Wirtschaft Mittweida (FH) erfüllt durch ihr kooperatives Unterrichtsprinzip alle Voraussetzungen, um dieses Ziel zu erreichen.

Die Dienstleistungen der Fachbereiche

  • Mathematik/Physik/Informatik auf den Gebieten
    • Mathematik
    • Physik
    • Informatik
  • Maschinenbau auf den Gebieten
    • Konstruktion
    • Design
  • Betriebswirtschaft auf den Gebieten
    • Marketing
    • PR
  • Sozialwissenschaften auf den Gebieten
    • Deutsch und Fremdsprachen
    • Sozial- und Geisteswissenschaften,

um nur einige zu nennen, bieten die Voraussetzung, daß in allen Disziplinen jeweils ausgewiesene Spezialisten für die Ausbildung der Medientechnik zur Verfügung stehen.

Die bis zum Redaktionsschluß eingegangenen Anfragen machen bereits jetzt deutlich, daß die Ausbildung im Studiengang Medientechnik einen Zuwachs an Studenten in den technischen Disziplinen bringt. Es bedarf der gemeinsamen Anstrengung aller Fachbereiche des Hauses, um den Studiengang Medientechnik zu einem erfolgreichen Ausbildungsprofil an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Mittweida (FH) werden zu lassen.